Johann Holtrop

Abriss der Gesellschaftnach dem Roman von Rainald Goetz — in einer Fassung von Stefan Bachmann und Lea GoebelKoproduktion mit dem Schauspiel KölnDüsseldorfer Premiere am 11. März 2023Schauspielhaus, Großes HausSchauspiel

Über das Stück

Visionär, Karrierist, Bluffer, Menschenfänger, manischer Narzisst, machiavellistischer Macher, Stehaufmännchen, Glückskind des Kapitalismus, Entscheidungshysteriker, Rockstar: Johann Holtrop, 48, ist vieles. Vor allem aber ist er der Vorstandsvorsitzende von Assperg, einem Medienkonzern mit Sitz in Schönhausen und einer Tochterfirma namens Arrow PC im thüringischen Krölpa, 80.000 Mitarbeitenden weltweit und einer Bilanzsumme von 15 Milliarden Euro. In der gegenseitigen Verachtung der Büroangestellten scheint das Tolerieren der:des jeweils anderen der kleinste gemeinsame Nenner. Denn alle sind austauschbar. Holtrop lebt im Wahn der absoluten Gegenwart, sein Ego und sein Charisma walzen alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Bis die steile Karriere, die Parallelen zum Fall Thomas Middelhoff aufweist, ins Wanken gerät und ein jähes Ende nimmt.

In seinem 2012 erschienenen Roman erzählt Rainald Goetz in typisch hyperrealistischer Sprache vom Abriss der Gesellschaft, vom Aufstieg und Fall eines Managers, von politischen Umbrüchen der Nullerjahre und nicht zuletzt etwas über Führung und Machtdynamiken.

Nach »Reich des Todes« ist die Uraufführung von »Johann Holtrop« die zweite Inszenierung des Kölner Intendanten Stefan Bachmann, die in Koproduktion mit dem Schauspiel Köln entstand.

»Johann Holtrop« mit dem Deutschen Theaterpreis Der Faust ausgezeichnet: Regisseur Stefan Bachmann hat für die Uraufführung des Romans von Rainald Goetz den wichtigsten Theaterpreis im deutschsprachigen Raum in der Kategorie Inszenierung Schauspiel erhalten.

Audio­einführung

Besetzung

Berstner, Prütt, Frau Rösler, Bodenhausen Nicola Gründel
Johann Holtrop Melanie Kretschmann
Frau Därne, Kate Assperg, Kellner Anja Laïs
Sprißler, Frau Zegna, Brosse, Gabriele Heintzen Rebecca Lindauer
Berag-Assistentin, Leffers, Berthold Assperg, Dr. Hayel Lea Ruckpaul
Blaschke, Wenningrode, Mack Cennet Rüya Voß
Salger, Frau Barbarella Luana Velis
Thewe, Ahlers, Pia Holtrop Ines Marie Westernströer, Sabine Waibel
Live-Musik Sven Kaiser, Zuzana Leharová, Annette Maye, Jan Felix Rohde
Musikalische Einrichtung und Komposition Sven Kaiser
Bühne Olaf Altmann
Licht Michael Gööck
Choreografie/Körperarbeit Sabina Perry
Dramaturgie Lea Goebel, Robert Koall

Dauer

2 Stunden 15 Minuten — keine Pause

Trailer

Pressestimmen

Glanz und Elend der Konferenzen: Stefan Bachmann verwandelt den Büroroman »Johann Holtrop« von Rainald Goetz in mitreißendes Tanztheater. Die Romanprosa wird in wörtlicher Rezitation als Premiumprodukt zelebriert und gleichzeitig dem Primat des Rhythmus unterworfen. Das Resultat ist ungemein unterhaltsam, ein Schlag ins Kontor und Triumph des Sounds.
FAZ
Kurzweilige Inszenierung.
Welt
Bachmanns Konzept ist stringent: Alles wird auf die präzise gearbeitete Form heruntergebrochen. Wie in seiner vorangegangenen Goetz-Arbeit ist die Stilisierung das Mittel, um der chaotischen Realität Herr zu werden, die der Roman abbildet und verdammt. Es ist eine sehr geschlossene Ensembleleistung, die Bachmanns Regie-Idee wie aus deinem Guss wirken lässt.
Süddeutsche Zeitung
Das überwältigende Ensemble findet eine Menge Feinheiten, Pointen, interessante Details. Da merkt man, dass hier zwei große Schauspielhäuser ihre Kräfte gebündelt haben. So ist der »Abriss der Gesellschaft« ein ästhetischer Genuss und wirkt angesichts der vielen aktuellen Krisen geradezu tröstlich.
Theater der Zeit
Ein virtuoses Wortgetöse, das die Schauspielerinnen im Chor rhythmisch, mal schmeichelnd, schreiend oder fast singend vortragen, vorjubeln. Dazu bewegen sie sich steif und ungelenk wie Marionetten, geschmeidig wie Gliederpuppen, kriechend und posierend, nie halbwegs normal. Das ist Verkörperung von Sprache. Unglaublich, welches Theater sie bieten: einen gespenstischen Mummenschanz des 21. Jahrhunderts, getrieben von der Sprache, gepeitscht vom Rhythmus der Worte, aufgegriffen und verstärkt von der Live-Musik. Das Ensemble geistert grandios durch dieses Stück. Große Klasse – neben vielen anderen – Melanie Kretschmann als Johann Holtrop. Überdreht, hysterisch, unglaublich agil, stets auf der Kante zum Wahnsinn balancierend.
Rheinische Post
Johann Holtrop ist eine herrliche Theaterfigur, die trotz ihrer Geschichtlichkeit total zur Geltung kommt und einen mitnimmt. Sehr dicht komponierter Abend. Sehr toller Text von Rainald Goetz, der zynisch sein kann, der sarkastisch sein kann, der witzig und scharf ist, sodass hier einfach eine gute Theatergeschichte erzählt wird.
Deutschlandfunk Kultur Fazit
Ein herausragendes Ereignis. Eine unglaubliche Sprachperformance. Nachwirkender Theaterabend mit stehenden Ovationen.
Westdeutsche Zeitung
Ein Overload, eine mitreißende Zumutung, »Johann Holtrop — Abriss der Gesellschaft« ist Historienstück, Sittengemälde und Weltzustandsbeschreibung – grotesk, abgründig, ambivalent wie die Hauptfigur.
WDR Westart
Alle acht Rollen sind mit Frauen besetzt, eine kluge Verfremdung, weil das die Machowelt in diesen männlich besetzten Führungsetagen umso kenntlicher macht. Stark rhythmisierter Goetz-Sound. Ein überzeugender Abend. Bachmann macht aus der Romanvorlage eine Art Totentanz des Turbokapitalismus.
WDR 5 Scala
Wie schon in seiner Inszenierung von Goetz’ Post-9/11-Stück »Reich des Todes« hat Bachmann erneut sämtliche Rollen weiblich besetzt. Die Männerfantasie der Chefetagenwelt gewinnt umso deutlichere Konturen und das Ensemble stürzt sich mit Lust in die Goetz’schen Satzkatarakte hinunter.
Kölner Stadtanzeiger
Variantenreicher Soundtrack von Komponist Sven Kaiser. Betörender Abend, der sprachlich zwischen durchgetaktet und schnoddrig mäandert. Ein sinnliches Erlebnis. Zu Recht bejubelt das Premierenpublikum einen gelungenen Abend.
Kölnische Rundschau
Die Uraufführung zeigte, dass das Buch über den Lebensweg eines deutschen Top-Managers auch als Theater funktioniert.
Neues Deutschland
Jeder Auftritt ist ausgefeilt choreographiert (Körperarbeit: Sabina Perry). So wird der Sprechchor fast zum Tanztheater. Perfekte Profis am Werk.
Aachener Nachrichten
Durchweg starkes Ensemble. Hervorragend gespieltes Historienspiel.
Die deutsche Bühne