Coriolan

von William ShakespearePremiere am 18. April 2019 Schauspielhaus, Großes HausSchauspiel

Über das Stück

»Coriolan« – das selten gespielte Alterswerk Shakespeares – liest sich wie ein brandaktueller politischer Thriller um Krieg und Populismus, Macht und Intrige: In Rom hungert das Volk. Getreide ist genügend vorhanden, doch nur wenige können es noch bezahlen. Die Regierung muss die Kornspeicher vor Übergriffen schützen, denn man verlangt die sofortige Verteilung. Der Republik droht der Aufstand. Da meldet sich Caius Martius, verdienter Kriegsheld zahlreicher Schlachten, zu Wort. Er verteidigt die Haltung der Regierung – jedoch nicht mit diplomatischem Geschick, sondern mit deutlicher Verachtung des Volkswillens: »Wer sich verlässt auf eure Gunst, trägt Bleiflossen beim Schwimmen. Euch vertraun? Hängt euch! Minütlich wechselt ihr doch eure Meinung!« Angestachelt durch die Schmähung ist der Plebs umso mehr entschlossen, sich ein politisches Mitspracherecht zu erkämpfen – als plötzlich die verfeindeten Volsker die Unruhen nutzen, um einen blutigen Feldzug gegen Rom zu beginnen. Caius Martius, tapferer Soldat, der er ist, zieht in den Krieg und erhält für seinen überragenden Sieg – die Volsker werden bei Corioli geschlagen – den Ehrennamen Coriolan. Seiner Ernennung zum Konsul, dem höchsten Amt im Staat, steht bald nur noch eins im Wege: Coriolan muss beim Volk darum bitten und auf dem Forum Stimmen sammeln. Doch nichts verabscheut er so sehr wie sich gemein zu machen mit der »dummen Masse«.

William Shakespeares Tragödie beleuchtet das komplexe Verhältnis zwischen einem aufstrebenden politischen Führer, der dem Volk nur zu gern die demokratischen Rechte verweigern würde, und einem Volk, dessen Interessen sich als von machthungrigen Populisten lenkbar erweisen.

Es inszeniert Tilmann Köhler, dessen Arbeiten sich durch die Klarheit ihrer Ideen und eine hohe politische Bewusstheit auszeichnen. In der Titelrolle sehen Sie den zweifach mit dem Publikumspreis Gustaf ausgezeichneten André Kaczmarczyk.

Besetzung

Caius Martius, später Coriolanus, Feldherr Roms André Kacz­marc­zyk
Cominius, Konsul und Oberster Feldherr Roms Glenn Goltz
Menenius Agrippa, Patrizier und Freund Coriolans Rainer Philippi
Sicinius Velutus, Volkstribun Florian Lange
Junius Brutus, Volkstribun Sebastian Tessenow
Tullus Aufidius, Oberster Feldherr der Volsker Jonas Friedrich Leon­hardi
Volumnia, Coriolans Mutter Markus Danzeisen
Virgilia, Coriolans Frau Thomas Kitsche
Bühne Karoly Risz
Kostüm Susanne Uhl
Musik Jörg-Martin Wagner
Licht Christian Schmidt
Dramaturgie Janine Ortiz

Dauer

3 Stunden, 15 Minuten — eine Pause

Trailer

Pressestimmen

Der beachtliche Witz der Aufführung ergibt sich indes weniger aus aktuellen Anspielungen als aus einer Studie zur Anthropologie der Politik, abgewonnen einem sperrigen Stoff. Der Grobianismus dieses Abends ist das Resultat zirzensischer Präzisionsarbeit. Immer wieder gelingen Köhler schlagende Sinnbilder.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Tilmann Köhler und sein reines Männerensemble trumpfen mit Shakespeares »Coriolan«-Drama in Düsseldorf auf – und machen das Spiel. Fabulös finster.
Nachtkritik
Der 400 Jahre alte Text, der sich mit einer noch einmal 2000 Jahre weiter zurückliegenden Zeit befasst, weist trotzt seiner so großen Entfernung immer wieder erstaunliche Parallelen zu heutigen Phänomenen auf. Regisseur Tilmann Köhler gestaltet die Tragödie Shakespeares zu einer Farce um, die durchaus für Coriolanus Partei ergreift, der von der Dummheit des Volkes geplagt ist. Er findet pointierte Bilder für das Geschehen
Deutschlandfunk Kultur
Die Setzung geht furios auf, nicht zuletzt auch dank des ganzen eminent beweglichen und spielfreudigen Ensembles.
Süddeutsche Zeitung
Die komplexe Tragödienhandlung rund um Ehre und Verrat, um Volkswillen und Elitedenken wird mit humoristischen Elementen kontrastiert. Köhler bringt das selten gespielte Stück schlank und temporeich auf die Bühne. Coriolan ist ein interessantes Stück, das viele erstaunliche Bezüge zur heutigen Zeit liefert.
WDR 5 Scala
Ein absurdes Lehrstück über Macht und Populismus. Tatsächlich sprüht Köhlers Inszenierung vor Witz und bösen Einfällen. Das alles entfacht eine ungeheure Spiellust im Ensemble, das in Elisabethanischer Manier rein männlich besetzt ist. Jeder nutzt hier seine Auftritte für absurde Zwecke. Einer reißt den anderen mit. André Kaczmarczyk gibt als Coriolan eine glänzende Vorstellung als stolzer Held mit weichen Momenten. Mit heißer Inbrunst drückt er dem Volk seine Abscheu aus, ist nur im Kampf mit sich im Reinen. Jonas Friedrich Leonhardi ist als Aufidius ein ebenbürtiger Widersacher, ein Clown-Punk, dem es ebenfalls ums Raufen geht. Großartig auch alle anderen, Rainer Philippi als Gleichnis erzählender Senator-Clown, Markus Danzeisen als eiserne Kriegermutter. Rollen werden an- und abgelegt, Massen markiert, doch verliert das Spiel nie an Klarheit.
Rheinische Post
Schrill, knallbunt, grotesk. Schauspielerisch mehr als überzeugend. Viel Applaus.
Westdeutsche Zeitung
Gekonnt aktualisiert. In seinem Düsseldorfer »Coriolan«, dessen Premiere am Freitagabend mit langem, langem Applaus und mit Jubel gefeiert wurde, gibt Regisseur Tilman Köhler dem hochpolitischen Stück mit der permanenten Clownsparade einen doppelten Boden.
Neue Rhein Zeitung
Blendende Inszenierung mit einem überragenden André Kaczmarczyk als Coriolan. Das Gesicht unter grellen Farben unkenntlich, die Kleidung eine Orgie von Stoffen und Farben. Ob Volk oder Herrscher, Tribun oder Feldherr – alle sind zur Unkenntlichkeit verwandelt.
Theaterfischer.de
Die krankhafte Verachtung, welche die Titelfigur gegen den Pöbel hegt, die dummdreisten Auseinandersetzungen zwischen den Tribunen Sicinius Velutus und Junius Brutus (virtuos verkörpert von Florian Lange und Sebastian Tessenow), die Wankelmütigkeit der Plebejer, aber auch der übermäßige Stolz siegreicher Schlachter: Diese Elemente werden gerade dadurch ernst genommen, dass man sie hier nicht zu ernst nimmt.
Literaturundfeuilleton.de