Nominierungen für den Deutschen Theaterpreis »Der Faust«
— für André Kaczmarczyk in »Richard III.« und Bassam Ghazi, Birgit Lengers und das Ensemble von »Solingen 1993«
Wir freuen uns sehr über zwei Nominierungen für den Deutschen Theaterpreis »Der Faust«! André Kaczmarczyk ist für die Titelrolle in Shakespeares »Richard III.« (Regie: Evgeny Titov) in der Kategorie »Darsteller:in Schauspiel« nominiert. Und die Stadt:Kollektiv-Produktion »Solingen 1993«, eine theatrale Busreise in die Vergangenheit von Bassam Ghazi, Birgit Lengers und Ensemble ist in der Kategorie »Genrespringer« nominiert.
»Der Faust« ist der wichtigste Theaterpreis im deutschsprachigen Raum. Er ehrt herausragende künstlerische Leistungen, die die Vielfalt der Theaterlandschaft in Deutschland widerspiegeln. Er wird jährlich vom Deutschen Bühnenverein zusammen mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und der Kulturstiftung der Länder vergeben. Dieses Jahr findet die feierliche Verleihung am 16. November im Theater Altenburg Gera statt. Bis dahin drücken wir unseren Nominierten fest die Daumen!
»Der Faust« ist der wichtigste Theaterpreis im deutschsprachigen Raum. Er ehrt herausragende künstlerische Leistungen, die die Vielfalt der Theaterlandschaft in Deutschland widerspiegeln. Er wird jährlich vom Deutschen Bühnenverein zusammen mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und der Kulturstiftung der Länder vergeben. Dieses Jahr findet die feierliche Verleihung am 16. November im Theater Altenburg Gera statt. Bis dahin drücken wir unseren Nominierten fest die Daumen!
Jury-Bergründung zur Nominierung von André Kaczmarczyk als Richard in »Richard III.«
André Kaczmarczyk ist eine theatralische Urgewalt. Mal als bocksbeiniger Mephisto, mal als serviler Schmeichler, spielt er Richard III., das missgestaltete Monstrum, den intriganten Machtmenschen. Wie er artistisch auf Plateausohlen ohne Absätze über die Bühne stakst, wie er dabei die Spannung zwischen »Bambis ersten Gehversuchen« und »Spinne im Netz« hält, das ist große Kunst. Jedes bekannte Buckel- oder Hinkefuß-Klischee ist ihm fern. Sein Fokus liegt eindrucksvoll auf dem monströsen Charakter der Figur und der Darstellung der abgründigen Verwerflichkeit ihrer Gedanken. Furios lässt André Kaczmarczyk dabei stimmlich, mimisch und körpersprachlich keine Nuance aus. »Weil ich den Liebhaber nicht spielen kann, habe ich beschlossen, hier den Dreckskerl aufzuführen,« sagt er bereits im Prolog. Damit ist von Anfang an die Fallhöhe des Abends definiert, als dessen Mittelpunkt uns der Schauspieler André Kaczmarczyk den Umfang seiner furiosen Verwandlungskunst präsentiert.
Jury-Begründung zur Nominierung von Bassam Ghazi, Birgit Lengers und dem Ensemble von »Solingen 1993«
»Solingen 1993. Eine theatrale Busreise in die Vergangenheit« von Bassam Ghazi, Birgit Lengers und dem Stadt:Kollektiv des Düsseldorfer Schauspielhauses ist in vielerlei Hinsicht eine beeindruckende Produktion. Angesiedelt zwischen Audiowalk und Dokumentartheater, site-specific theatre und Rechercheprojekt, Zeitreise, Gedenkveranstaltung und Stadtführung überzeugt sie mit ihrer klugen, vielschichtigen Konzeption und hochaktuellen politischen Relevanz als lebendige Erinnerungsarbeit.
Der Produktion gelingt es, den tödlichen, rassistischen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genç in der Nacht auf den 29. Mai 1993 in Solingen nicht nur als historisches, zutiefst erschütterndes Ereignis zu beschreiben, sondern ihn in seiner politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Wirkungsmacht zu zeigen, der ebenso heute stattfinden könnte. Dem Publikum und Vertreter:innen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft werden Momente eröffnet, sich selbst mit der Tat in Beziehung zu setzen und unterschiedliche Perspektivwechsel auf Geschichtsschreibung einzunehmen – und die Frage nach ehrlicher Solidarität zu stellen.
Die beeindruckende Recherchearbeit des Teams zeigt sich auf vier verschiedenen Wegen durch die Stadt, auf denen dem Publikum an einschlägigen Orten nicht nur unterschiedliche Erzählperspektiven auf die Tatnacht begegnen, sondern Betroffenen eine Stimme gegeben wird, z.B. durch Zeitzeug:innen und Hinterbliebene. Die Produktion geht aber über die Rekonstruktion der Ereignisse, das Offenlegen rassistischer gesellschaftlicher Strukturen und das Zeigen der verstörten migrantischen Gesellschaft hinaus: Die neun Performer:innen des Stadt:Kollektivs, allesamt nach der Tat geboren, setzen sich selbst mit ihrer Geschichte laut und kritisch auseinander. Sie stellen sich in die Geschichte ihrer Vorfahren, verhalten sich dazu und ermächtigen sich ihrer eigenen Geschichte. Aus der Bearbeitung des Gestern folgt der Aufruf zum Umgang mit Heute – durch die Performer:innen wird rassistische Gewalt und Diskriminierung gegenwärtig. Die Produktion ist ein Wegweiser für lebendige Erinnerungskultur, für die Re-Aktualisierung von Geschichte und für Empowerment von marginalisierten Communities der heutigen Zeit.
Der Produktion gelingt es, den tödlichen, rassistischen Brandanschlag auf das Haus der Familie Genç in der Nacht auf den 29. Mai 1993 in Solingen nicht nur als historisches, zutiefst erschütterndes Ereignis zu beschreiben, sondern ihn in seiner politischen, gesellschaftlichen und persönlichen Wirkungsmacht zu zeigen, der ebenso heute stattfinden könnte. Dem Publikum und Vertreter:innen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft werden Momente eröffnet, sich selbst mit der Tat in Beziehung zu setzen und unterschiedliche Perspektivwechsel auf Geschichtsschreibung einzunehmen – und die Frage nach ehrlicher Solidarität zu stellen.
Die beeindruckende Recherchearbeit des Teams zeigt sich auf vier verschiedenen Wegen durch die Stadt, auf denen dem Publikum an einschlägigen Orten nicht nur unterschiedliche Erzählperspektiven auf die Tatnacht begegnen, sondern Betroffenen eine Stimme gegeben wird, z.B. durch Zeitzeug:innen und Hinterbliebene. Die Produktion geht aber über die Rekonstruktion der Ereignisse, das Offenlegen rassistischer gesellschaftlicher Strukturen und das Zeigen der verstörten migrantischen Gesellschaft hinaus: Die neun Performer:innen des Stadt:Kollektivs, allesamt nach der Tat geboren, setzen sich selbst mit ihrer Geschichte laut und kritisch auseinander. Sie stellen sich in die Geschichte ihrer Vorfahren, verhalten sich dazu und ermächtigen sich ihrer eigenen Geschichte. Aus der Bearbeitung des Gestern folgt der Aufruf zum Umgang mit Heute – durch die Performer:innen wird rassistische Gewalt und Diskriminierung gegenwärtig. Die Produktion ist ein Wegweiser für lebendige Erinnerungskultur, für die Re-Aktualisierung von Geschichte und für Empowerment von marginalisierten Communities der heutigen Zeit.