Menschen im Hotel

von Vicki Baum — in einer Fassung von Stephan KaluzaPremiere am 14. September 2018Schauspielhaus, Großes HausSchauspiel

Über das Stück

Sechs Menschen, sechs Leben in der Schwebe, sechs Einsame, die von gestern träumen oder von morgen. Nur im Heute, da sind sie unbehaust. Deshalb versammelt Vicki Baum diese Menschen im Hotel – und nennt ihren großen Roman auch gleich so. Das Hotel ist der Transitort, an dem es möglich zu sein scheint, auszuchecken aus dem eigenen Leben und eine andere, hoffentlich bessere Version seiner selbst zu werden. Gern nutzt die Kunst das Hotel, um Übergänge und Verwandlungen zu markieren, sei es auf dem Zauberberg, sei es in Krulls Paris, sei es in den vielen besungenen Hotels der Popgeschichte von California bis Chelsea. Baum zeigt uns den jungen Baron von Gaigern, dem der Weltkrieg seine Existenz genommen hat; zeigt den alten Arzt, der zu viel gesehen hat in seinem Leben. Die junge Frau aus dem schlechten Teil Berlins, die ihr Glück auf der vermeintlichen Sonnenseite sucht. Den Generaldirektor, dessen Firma am Rande des Abgrunds steht. Die Ballettdiva, die aus der Zeit gefallen ist und sich selbst beim Unsichtbarwerden zuschauen muss. Und schließlich Kringelein, den kleinen Buchhalter, der seine Zielgerade mit Vollgas nehmen will. Sie alle treffen aufeinander im Berlin der 20er-Jahre und versuchen, in einem Hotel ihre Leben zu retten, am Vorabend der Weltkatastrophe, von der sie nichts ahnen. Nervöse, flatterhafte Menschen in einer nervösen, flatterhaften Zeit, die der unseren vielleicht nicht so unähnlich ist.

Der Film- und Theaterregisseur Sönke Wortmann inszenierte den Stoff zur Eröffnung der Spielzeit 2018/19 auf der Großen Bühne am Gustaf-Gründgens-Platz. Für die Fassung zeichnet der Düsseldorfer Künstler und Schriftsteller Stephan Kaluza verantwortlich.

Besetzung

Elisaweta Grusinskaya Karin Pfammatter
Dr. Otternschlag Rainer Philippi
Kringelein, ein Buchhalter Torben Kessler
Baron von Gaigern Stefan Gorski
Preysing, Generaldirektor Peter Jordan
Zinnowitz, Justizrat Glenn Goltz
Flämmchen, eine Schreibkraft Lieke Hoppe
Rohna, Concierge Markus Danzeisen
Gerster / Ein namenloser Gast Jürgen Sarkiss
Schweimann Tino Zihlmann
Pianist Tobias Weindorf
Bardame, Pagen, Zimmermädchen, Hotelgäste Statisterie
Stimme Tabea Bettin
Regie Sönke Wortmann
Bühne Florian Etti
Licht Jean-Mario Bessière
Dramaturgie Robert Koall

Dauer

2 Stunden, 30 Minuten — eine Pause

Trailer

Pressestimmen

Die Inszenierung erzeugt eine Atmosphäre der Konzentration, die alle Aufmerksamkeit auf die berührende Schauspielkunst lenkt. Jeder der Darsteller bekommt Raum in der Drehtür, um seine Figur in all ihrer Verzweiflung und ihrem Aberwitz zu entfalten.
Rheinische Post
Exzellente Schauspieler (Stefan Gorski, Torben Kessler, Lieke Hoppe und Karin Pfammatter). Neben den wütenden Tiraden von Kringelein gegen seinen Chef Preysing (Peter Jordan) stechen besonders die Szenen mit Lieke Hoppe als ›Tipse‹ und Sex-Dienstleisterin Flämmchen hervor. Schnoddrig redet sie so, wie ihr das Berliner Maul gewachsen ist, rechtfertigt ihre Liebesdienste mit Existenzangst. Und balanciert zwischen dreister Direktheit und behutsamer Eleganz.
Westdeutsche Zeitung
Die neue Bühnenfassung von Stephan Kaluza hält geschickt die Waage zwischen Edelboulevard und Tragödie, großen Gefühlen und bissiger Ironie.
Bayrischer Rundfunk
Lieke Hoppe in der Rolle der Sekretärin »Flämmchen« (darauf muss man erst mal kommen) entfacht tatsächlich mehr als ein Flämmchen, fast schon eine Flamme. Und mit wem macht sie sich auf und davon? Ausgerechnet mit dem derangierten Hilfsbuchhalter Kringelein, der bei Torben Kessler unverhofft zur Hauptfigur aufsteigt.
Süddeutsche Zeitung
Ein Panoptikum von Figuren im Berlin der 20er Jahre präsentiert Sönke Wortmann in »Menschen im Hotel«. Ein Reigen von Figuren quer durch die Gesellschaft, den Wortmann durch vitale Personenregie Leben einhaucht.
Kölner Stadtanzeiger
Man staunt über die technische Umsetzung auf allen Ebenen, über die Genauigkeit der Abläufe. [...] Romantisch-melancholischer geht es kaum.
Die deutsche Bühne
Am meisten aber sticht Lieke Hoppe als Flämmchen heraus, nicht nur farblich (in sehr eleganten gelb-roten Kostümen von Esther Walz). Diese Tipse und sexuelle Dienstleisterin ist mehr als ein Farbtupfer. Ihr schnippisches Berlinerisch, ihr Vergnügungswille bei echter Bodenständigkeit, ihre kokette Eleganz mit hölzerner Direktheit, wie sie auch bei den ärgsten erotische Zumutungen nur versteckt die Nase rümpft (»Sie hatte ein Gefühl, als müsse sie sich von einem außerordentlich ungeschickten Zahnarzt einen Zahn plombieren lassen«) – das hat einen eigenen Zauber, der die Figur vor dem Klischee bewahrt.
Nachtkritik